Neu: Zur Implementierung von körperlicher Aktivität in den Psychotherapieprozess: Lesen Sie hier weiter im Psychotherapiejournal zur neuesten Studienlage!
(Kraus/Haagen 2015)
Der vorliegende Artikel möchte dem interessierten Leser die körperliche Aktivität als ergänzende Maßnahme zur pharmako- und psychotherapeutischen Behandlung der unipolaren Depression näherbringen.
Zu Beginn werden die aktuelle empirische Datenlage bei verschiedenen Patientengruppen und die potenziellen Wirkmechanismen der körperlichen Aktivität beschrieben. Anschließend werden evidenzbasierte
Handlungsempfehlungen für die Praxis abgeleitet und Gegenmaßnahmen bei geringer Compliance und drohendem Abbruch vorgestellt. Anhand eines kombinierten stationären und ambulanten Fallbeispiels wird
die Umsetzung in die Praxis veranschaulicht.
Körperliche Aktivität im Rahmen der ambulanten Therapie von Depressinen und Angststörungen-Bacherlor Thesis von Linda Rademacher
Im stationären Kontext wird Sporttherapie bei Depressionen und Angststörungen schon länger als gängige ergänzende Maßnahme zu den Standardtherapien eingesetzt. Zu der Wirkung von körperlicher
Aktivität im ambulanten Setting gibt es bisher noch wenig Forschung, wobei dieser Kontext von großer Bedeutung für die Therapie psychischer Erkrankungen ist.
Ziel dieser Forschungsarbeit ist es, die Datenlage zum Einfluss körperlicher Trainings auf depressive Patienten und Angstpatienten im ambulanten Setting in Form einer qualitativ hochwertigen Studie
an einer klinischen Stichprobe zu erweitern.
Im ersten Teil der Arbeit werden zunächst einige Grundlagen, sowie theoretische und experimentelle Vorkenntnisse dargelegt, bevor im zweiten Teil die spezifische Studie und die resultierenden
Ergebnisse behandelt werden. Enden wird die Arbeit mit einer Zusammenfassung und Diskussion der gewonnenen Erkenntnisse, sowie einem Ausblick hinsichtlich dieses wissenschaftlichen
Forschungsfeldes.
Körperliche Aktivität im Rahmen der ambulanten Therapie von Depressionen und Angststörungen von Linda RademacherBA_Linda Rademacher.pdf PDF-Dokument [705.7 KB]
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Pilotstudie (asp-Kongress Freiburg 2015-Präsentation):
Remissionsgeschwindigkeit im Psychotherapieprozess durch Sport
Regelmäßige Bewegungs- und Sporteinheiten wirken sich u.a. positiv auf
psychische Erkrankungen wie affektive Störungen und Angststörungen aus (u.a.
Wegner 2014). Mit Hilfe des quasiexperimentellen Forschungsdesigns soll der
Zusammenhang zwischen der Sport-lichkeit (also der Bereitschaft
Bewegungseinheiten in den Therapieprozess und den Alltag zu implementieren) und
der Remissionsgeschwindigkeit im Therapieprozess herausgefunden werden. Die
Fragestellung lautet: lässt sich durch Sport die Heilung beschleunigen? Hierfür
wurden 15 Probanden über einen Zeitraum von 6-9 Monaten psychotherapeutisch
(Verhaltenstherapie) und sportpsychologisch behandelt (Verschreibung
regelmäßiger Bewegungseinheiten). Es wurde absichtlich ein deskriptiver,
anwendungsfreundlicher Ansatz gewählt und bspw. auf eine Kontrollgruppe
verzichtet. Die Studie läuft jedoch weiter und die Probandenanzahl wächst
(Pilotstudie).
Einleitung
Die Kombination von Psychologie
und Sport erschien mir seit Anbeginn
meines Studiums eine sinnvolle Angelegenheit. Im Leistungssport können mit
psycho-logischen Strategien Ergebnisse verbessert und im Psychotherapieprozess
mit Hilfe von Sport Heilungsprozesse beschleunigt werden. So war zumindest mein
subjektiver Eindruck nach 7 Jahren Berufserfahrung im stationären und ambulanten
Setting, aber auch Studien weisen in diese Richtung (vgl. z.B. Wegener 2014).
Wobei es auch Gegenstimmen gibt (BMJ 2012). Fakt ist jedoch, dass durch regelmäßige
Bewegungseinheiten in der Gruppe, zahlreiche Aspekte aus dem
verhaltenstherapeutischen Manual bei affektiven und Angst-Störungen unterstützt
werden:
• Ressourcenorientierung
• Steigerung
der sozialen Verstärkerstruktur
• Verringerung
sozialer Rückzugstendenzen
• Verbesserung
der Selbstwirksamkeitsüberzeugung
Um nur einige Beispiele zu
nennen. Aber wie können Patienten* dazu animiert werden, bspw. bei einer
mittelgradigen Depression zusätzlich Sport zu treiben?
N= 15 Probanden (Patienten
mit psychischen Erkrankungen) wurden in 2 Gruppen aufgeteilt. Die erste Gruppe
beinhaltet die Patienten, die bereits regelmäßig Sport treiben oder sich bereit
erklärt hatten, wieder oder generell damit anzufangen (5 Probanden). Die zweite
Gruppe schloss Sport generell aus (sei es aus medizinischen Gründen oder aus
mangelndem Interesse/ mangelnder Motivation-10 Probanden). Die Patientinnen
wurden dann über einen Zeitraum von 6-9 Monaten psychotherapeutisch behandelt,
bei der „Sportgruppe“ wurden regelmäßig Bewegungseinheiten verschrieben und
teilweise mit durchgeführt (Lauftherapie). Ca. 33% der Patientinnen ließen sich
auf die Sportgruppe ein.
Evaluation
Über 2 Messzeitpunkte wurden
der BDI 2 (Depression) sowie der SCL 90-R durch-geführt (t1=Therapiebeginn und im
fortgeschrittenen Psychotherapieprozess=t2). Beim SCL 90-R wurde lediglich die
Skala Ängstlichkeit berücksichtigt.
Ergebnisse
Die Sportgruppe hatte von
Beginn an eine geringere Ausprägung der depressiven Symptomatik (M= 12,00, SD
=3,39) zum Zeitpunkt t=1 verglichen mit der 2. Gruppe (M=20,30, SD=8,63). Bei fortgeschrittenem Therapieprozess
veränderte sich hingegen bei Gruppe 1 kaum etwas (M=11,80, SD=4,03), während es
bei Gruppe 2 zu einer deutlichen Symptomreduktion kam (M=12,50, SD=4,53). -->Grafik 1
Grafik 1 Depression
Die Symptomreduktion von t1
zu t2 (Faktor Zeit über die beiden Messzeitpunkte) ist als Trend erkennbar
(F(1,13)=3,78, p=0,074). Gleiches gilt für die Symptom-ausprägung über t1 und
t2 zwischen den Gruppen (F(1,13)=3,408, p=0,088).
Bei der Angstsymptomatik
kommt die Sportgruppe zum ersten Messzeitpunkt (M=62,20, SD=6,26) zu einer
ähnlichen Ausprägung wie die „sportlose“ Gruppe (M=61,25, SD=10,32). Bei
fortgeschrittener Therapie findet sich eine signifikante Symptomreduktion (unter den kritischen Wert von 60) von Gruppe
1 (M=55,80, SD=5,89) und Gruppe 2 (M=56,25, SD=7,03)à F(1,11)=8,51, p=0,014. Der
Unter-schied zwischen den Gruppen ist nicht signifikant (F(1,11)=0,13, p=0,73),
siehe Grafik 2.
Grafik 2 Angst
Diskussion
Die Daten sind mit Vorsicht
zu genießen, da insbesondere die Probandenanzahl der Sportgruppe (n=5) sehr
gering ausfällt. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass durch regelmäßige
Bewegungseinheiten die Wahrscheinlichkeit, eine schwere depressive Episode zu
bekommen, verringert werden kann. Außerdem profitieren depressive (sportliche)
Patienten weniger von einer Psychotherapie als „Unsportliche“. Bei den Angststörungen liegen keine
Unterschiede zwischen den Gruppen vor (beide genesen gleichschnell). Die
Hypothese, dass sich durch Sport die Remissionsgeschwindigkeit beschleunigen
lässt, kann nach derzeitigem Datenerhebungsstand nicht bestätigt werden.
Literatur
Wegner M, Helmich I, Machado S, Arias-Carrión O, Budde
H (2014)Effects of exercise
on anxiety and depression disorders: Review of meta -analyses and
neurobiological mechanisms. CNS & Neurological Disorders - Drug Targets (*)
Epub ahead of print.
BMJ 2012; 344 doi:
http://dx.doi.org/10.1136/bmj.e2758 (Published 06 June 2012) Cite this as: BMJ 2012;344:e2758